Eisblog

eins Schwerin-Hamburg-Antarktis                                                  25.1.10

Messer im Gesicht. Der Wind schneidet. Alter Schnee unter den Füßen. Festgebacken, mal graustumpf, mal eisglatt gelaufen, poliert von Schuhsohlen und Autoreifen. Ich wünsche mir eine Sturmhaube. Irgendein Stück Stoff auf den Wangen. Schwerin. Platz der Freiheit. Unterwegs zum Bahnhof, minus zwölf Grad, auf dem Weg in die Antarktis. mehr

zwei Das war Bremerhaven                                                               23.9.09

Das erste Mal, dass diese Reise mehr wird als ein Papierprojekt, eine Telefonveranstaltung, ein Ichmaildirdasmalschnell-Unternehmen mit Konzeptdiskussionen und Storyboardmalereien. Im Zug von Bremen nach Bremerhaven treffe ich Kamera-Guido. mehr

Abgelegt                                                                                                31.1.10

Die Reise beginnt. Sonntag, 31. Januar 2010. 15:00 Uhr Ortszeit in Wellington/NZ. 03:00 Uhr in Deutschland. Mitfahren möglich, zumindest auf der Karte. mehr

drei Telefone mit Wählscheiben                                                       28.1.10

Unsere Kammer. B-Deck, Nummer 214. Ziemlich weit oben auf dem Schiff, eine Etage bis zur Brücke. Fenster zur Backbordseite. Doppelstockbett mit Vorhängen zum Zuziehen. Jugendherberge. Ein Sofa, ein Tisch, ein Schreibtisch, Schubladen unter dem Sofa, unter dem Bett, dazu zwei schmale Schränke. Als wir unsere zehn Stücke Handgepäck da rein verfrachtet haben, passen wir selbst kaum noch in die Kammer. mehr

Borddesign I: Kommunikationsgeräte                                            16.2.10

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vier Heat Packs und Elefantenhaut                                                 29.1.10

Wir dürfen unsere Kammer entrümpeln. Auf der Brücke, zwischen der Station der Metereologen und dem Funker, bekommen wir einen Technikraum mit Schränken, vielen Schubladen und Ablageflächen. Nur ganz hinten läuft noch ein Rechner, der vielleicht von jemand anderem benutzt wird. Sonst gehört der Raum ganz uns. mehr

fünf Ungeduld                                                                                      30.1.10

Überfahrt Wellington – Christchurch. Sieben Stunden in sanfter Dünung. Unwirklich, sagt das Gefühl. Monatelang haben wir uns auf antarktische Teperaturen und extreme Wetterlagen aller Art vorbereitet – und jetzt gleiten wir durch diese sanfte, sonnenbeschienene Urlaubsszenerie. Wir sind euphorisch. mehr

sechs Feste Zeit                                                                                     31.1.10

Zeit. Frühstückszeit. Frühstückszeit von 07:30 bis 08:30, so steht es auf den Aushängen in den Fahrstühlen und vor den Messen. Das heißt aber nicht, dass man bis 08:30 zum Frühstück erscheinen kann. Wer das wagt, hat schon verloren. mehr

sieben Der doppelte Dienstag                                                             1.2.10

Vor etwa 28 Stunden, also gestern vormittag,  haben wir die Datumsgrenze passiert. Kein krachender Einschnitt. Auf dem Computer, der unsere Position im Pazifik zeigt, springt die Längengradanzeige von 180 Grad E auf 180 Grad W um. Mehr nicht. Aber seitdem will der Dienstag nicht mehr aufhören. Und das wird jetzt, wenn ich das schreibe, noch elf Stunden so weitergehen. mehr

acht Mahlzeit!                                                                                        1.2.10

Nach dem Frühstück, vor dem Abendessen, zwischen Kaffee und Kuchen – Bordzeit. Mahlzeit! Mahlzeit ist eigentlich immer auf der Polarstern. Halb acht bis halb neun, wie schon erwähnt, nehmen die Forschungsreisenden das Frühstück ein. Um zehn ist Coffeetime. Halb zwölf bis halb eins sitzen wir zu Mittag. Halb vier bis zehn vor vier servieren die Messen Kaffee und Kuchen, und von halb sechs bis halb sieben treffen wir uns wieder zum Abendbrot. Kaum zu glauben, dass die Fahrtteilnehmer die lange Pause zwischen Abendessen und Frühstück überleben. mehr

neun Schöne Worte I: Pemmikan                                                        2.2.10

Pemmikan … Es mag absurd sein, sich auf dieser knochentrockenen Wissenschaftlerreise ausgerechnet mit der Polfahrerliteratur des vergangenen Jahrhunderts ins Leseeckchen zurückzuziehen. Aber man trifft alte Bekannte wieder, die schon lange in der Vergessenheit versunken waren. mehr

zehn Schichten. Und Geschichten.                                                     3.2.10

Wie ein senkrechter Strich zieht unser Kurs auf den Bordmonitoren in Richtung Süden. Breitengrad für Breitengrad klettern wir abwärts. Pfeilgerade laufen wir auf den Sturm zu. Die Nacht war: Rollen. Schaukeln. Stampfen. Sinken und Steigen. Die Wellen schäumen. Wind? Sechs bis sechseinhalb, murmelt der Wettertechniker. Das wird noch mehr. mehr

elf Die Rache der Physiklehrer                                                         15.2.10

Diese Reise ist die Rache meiner Physiklehrer. Die sitzen jetzt wahrscheinlich kichernd im ewigen Lehrerzimmer und beobachten mit hoch auflösenden Präzisionsferngläsern, wie ich im Urwald der Messgrößen und der Fachkürzel umherirre. mehr

zwölf Suppenwaagerechte im Sturm                                              16.2.10

Lustig war das schon, die Sache mit dem Seegang. Schreibe ich jetzt. Jetzt, wo der Südliche Ozean seit Tagen daliegt wie eine ebene Fläche. Wo die wilde Welle nichts ist als eine ferne Erinnerung. Der Südozean: Eines der stürmischsten Meere der Welt. Heißt es. Ruhig und glatt erscheint er uns, vor und hinter Polarstern, an Backbord und an Steuerbord auch. Spiegelglatt. mehr

Eis in Sicht                                                                                            19.2.10

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Eislandschaften                                                                                   21.2.10

Zum Thema „Fotografieren von Eis in allen Farben, Formen und Aggregatzuständen“ gibt es an Bord denkbar kontroverse Ansichten. Die einen, erfahrene Polarsternreisende die meisten, erklären es rundheraus für Blödsinn. Bringt sowieso nix, wer guckt sich das denn hinterher noch an, habe schon tausende von Negative, Dias, Videos mit Eisbergen, wozu noch mehr – das sind die geläufigen Argumente. mehr

dreizehn Bekleidungsfragen                                                             21.2.10

23:55 Bordzeit – eigentlich 22:55, aber wir haben schon wieder die Uhren vorgestellt. In zehn Minuten ziehen wir auf dem Arbeitsdeck ein Schwerelot. Wollt ihr das nicht drehen? Anfragen wie diese treiben regelmäßig unseren Adrenalinpegel in die Höhe. Denn drehen, wenn der antarktische Wettergott an den Reglern spielt, das ist eine ganz eigene Geschichte. mehr

vierzehn Ein Klavier am McMurdo-Sund                                      23.2.10

Die großen Abenteuer, sie sind bestanden, die Zeit der Abenteurer ist vorüber. Heißt es. Wenn die Entdeckungsreisen zu den Polen der Erde denn Abenteuer waren und nicht einfach Unternehmungen, um Menschen und Tiere auf möglichst grausame Weise in die ewigen Frostgründe zu befördern, dann sind sie als Abenteuer abgehakt. Die Weltkarte mit den weißen Flecken liegt zusammengerollt im Archiv der großen Entdeckungen. mehr

fünfzehn Mitgefangen, mitgehangen                                               26.2.10

Was den Wissenschaftlern die Daten, das ist dem Kameramann das Motiv. Sieht Guido ein Motiv, dann kennt er keine Verwandten. Mit drei schnellen Schritten ist er mitten im Getümmel, eine leichte Linkswendung, drei Schritte nach rechts, die Kamera von der Schulter, auf den Boden, schräg von unten ist doch eine spannende Perspektive … mehr

 sechzehn Im Würgegriff des Rieseneisbergs                                   2.3.10

Kollaps, Kollision, Katastrophe. Die von FOCUS haben mal wieder ganze Arbeit geleistet. Oder die von FOCUS.online, das lässt sich an Bord leider nicht genau recherchieren. Die von der Redaktion verbreitete Meldung läßt sich dafür um so besser recherchieren. Leider. mehr

Shepard Island – Insel der Pinguine                                                 4.3.10

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siebzehn Polarsternesisch, oder: Lexikon der Bordsprache I        9.3.10

Backbord und Steuerbord, laschen, fieren und hieven, Achterdeck und Leeseite … Nicht genug, dass man den festen Boden unter den Füßen verloren hat. Man muss sich außerdem noch einen Satz neuer Begriffe einprägen. Die Seemannssprache, sie hat ihre eigenen Regeln und Gesetze, aber vor allem: ihre ganz eigenen Ausdrücke. mehr

achtzehn Action Painting des Meeresbodens                                10.3.10

Noch nie zuvor hatte ich dieses Wort gehört: Bathymetrie. An einem der ersten Tage bat ich Fahrtleiter Karsten um eine Karte, die er mir am Bildschirm gezeigt hatte. Klar, sagte er, die kriegst du unten in der Bathymetrie. mehr

neunzehn Lexikon der Bordsprache II: Auf Kammer                   11.3.10

Nach vier Wochen Polarstern keimt in mir der Verdacht auf, dass hier an Bord Fragmente einer eigenen Sprache existieren: Polarsternesisch. Das Idiom der schifffahrenden Polarforschung. Besonderes Kennzeichen dieser der Welt noch ziemlich unbekannten Sprache: Sie widmet Worte aus dem alltagssprachlichen Gebrauch um und schiebt ihnen einen neuen Sinn unter.  mehr

zwanzig Hard Rocking Scientists
oder: Was von Steinen übrig bleibt                                                 12.3.10

Vorsicht! Das wird ein langer Text. Ein schrecklich langer Text. Ja, ich weiß, das ist eine der besten Methoden, um Leser zu vergraulen: Sie gleich zu Anfang einzuschwören auf einen Riesenriemen. Aber andererseits: Zeit ist relativ relativ. Und die Reise, die dieser Text unternimmt, durchmisst einen Zeit-Raum von vielen Millionen Jahren. Sowie noch ein paar Arbeitstage im Labor. Das ist beim besten Willen nicht in 60 Zeilen abzufiedeln, wie Kamera-Guido sagen würde. Also anschnallen bitte, auf geht‘s! mehr

einundzwanzig Willkommen im Soziotop                                     24.2.10

Vor einigen Tagen hatten wir unseren ersten Heliflug. Nichts Großes, nur ein paar Runden rund um die Polarstern. Das Schiff von außen, von oben, im Wasser verfolgen, zwischen den Eisschollen pflügend. Einen Anflug von weiter weg, ein bisschen parallell auf gleicher Höhe fliegen. Die Tür auf Guidos Seite offen. Mit etwas Glück würden wir drehen können, wie der Bug auf eine der wenigen Schollen aufrutscht und sie zerbröselt, als sei es Knäckebrot. mehr

zweiundzwanzig Lexikon der Bordsprache III:
Ein Schweineohr fahren                                                                    22.3.10

Nach vier Wochen Polarstern keimt in mir der Verdacht auf, dass hier an Bord Fragmente einer eigenen Sprache existieren: Polarsternesisch. Das Idiom der schifffahrenden Polarforschung. Besonderes Kennzeichen dieser der Welt noch ziemlich unbekannten Sprache: Sie widmet Worte aus dem alltagssprachlichen Gebrauch um und schiebt ihnen einen neuen Sinn unter. Das kleine Lexikon der Bordsprache stellt in loser Folge die schönsten und bildkräftigsten Worte und Wendungen dieser Sprachfamilie vor. mehr

dreiundzwanzig Daniel Düsentrieb und Dr. Seltsam                  10.3.10

Wie forscht ein Forschungsschiff? Manchmal frage ich mich, was ich mir eigentlich unter einem Polarforschungsschiff in der Antarktis vorgestellt habe, zu einem beliebigen Zeitpunkt ante Polarstern. Einen Dampfer, der mühevoll knirschend durch Eisschollen bricht? Der Kapitän und drei Steuerleute dick eingemummelt in die Winteruniform, angespannt auf der Brücke? Durch Ferngläser auf die an Back- und Steuerbord aufgetürmten Eisberge starrend? Matrosen, die Eisanker auswerfen und froststeife Taue um einen Poller winden, mit Eisblumen vor Mund und Nase? mehr

vierundzwanzig Wie dieser Blog funktioniert                              19.3.10

Falls sich jemand aus der geneigten Leserschaft wundern sollte, dass in diesem Blog immer nur aus Wikipedia zitiert wird: Es gibt nichts anderes. Hier an Bord. Im bordeigenen Intranet gibt es einen Link zur DVD-ROM-Version der deutschsprachigen Wikipedia, Stand August 2007. That‘s it. Sonst nur noch eine wohlgeordnete Bibliothek mit sehr fachspezifischer, also eher weniger allgemein verständlicher Literatur. mehr

fünfundzwanzig Mondfisch und Filterbarsch                               15.3.10 

Ich bin ein Mondfisch. „Der Mondfisch“, notiert Wikipedia, „(Mola mola von lat. mola Mühlstein, auch Mola, Meermond, Sonnenfisch) gilt als der größte Knochenfisch der Welt. Der Mola kann über 3 Meter lang, bis zu 4 Meter hoch und maximal 2,5 Tonnen schwer werden und er erreicht ein Höchstalter von wahrscheinlich weit über hundert Jahren. mehr

Das letzte Eis                                                                                        26.3.10

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sechsundzwanzig Nachrichten aus dem Reich des Puschels      27.3.10

Wer sich, nach der letzten Meldung zum Thema vielleicht Sorgen um den zotteligen, vom Meersalz verklebten Windfang unserer Kameraausrüstung gemacht hat, den wird das folgende Foto beruhigen. Zumindest in einer Hinsicht. Der Puschel war, vor längerem schon, in der Waschmaschine (30 Grad, Schonwaschgang) und entstieg ihr duftend, neu geboren und in alter Größe. Nach einem Kurzaufenthalt auf der Wäscheleine, Abteilung Arbeitszeug Mannschaft (s. Abbildung 1), trotzt er den katabatischen Winden und anderen antarktischen Zumutungen trotz seines fortgeschrittenen Alters mit gewohnter Zuverlässigkeit. mehr

siebenundzwanzig Schöne Worte III: Nunatak                              27.3.10

Am Anfang ein Geständnis: Dies ist ein bestellter Text. Eher ungewöhnlich für einen Blog, den Idealtypus des autonomen Schreibens. Aber ich kann‘s ja mal versuchen. Die Bestellung kommt von Norbert, Norbert Kaul. Dem Mann mit der Wärmelanze, von den ozeanographischen Spöttern wegen seines Arbeitsgerätes gerne Lanzelot genannt. Aber es geht jetzt nicht um die Wärmelanze. Es geht um die Mail. Die Texte dieses Blogs stehen auch im Intranet der Polarstern. Was ich anfangs mit durchaus gemischten Gefühlen betrachtet habe. So ein direkter Kontakt zur eigenen Leserschaft kann ja schon gewöhnungsbedürftig sein. Aber es gab so viel Feedback und Gespräche und Gelächter und Anregungen und Verbesserungsvorschläge, das war (und ist) einfach bezaubernd. Und es kam die Mail. Von Norbert. mehr

achtundzwanzig  Containermodus                                                  30.3.10

Wir haben unseren letzten Eisberg gesehen. Dachten wir jedenfalls. Gestern nachmittag, 61°45‘ Süd. Die Gischt klatscht regelmäßig gegen die Panoramafenster auf der Brücke. Das ganze Schiff ein einziges Schaukeln. Hoch auf die Welle, runter ins Tal. Der Bug taucht tief in die krachenden Seen. Schießt salzige Fontänen hoch aufs Peildeck. Ringsum aufgewühltes Wasser, grauer Himmel, Sturm. Da taucht der Eisberg auf, treibt backbord vorbei. Letzter Gruß aus der Antarktis. mehr

neunundzwanzig Möhrenzeit                                                            28.3.10

Ich habe heute von Salat geträumt, sagt Laura beim Frühstück. Mit Tomaten. Also, nicht das Frühstück hatte die Tomaten. Aber der Traum. Das beschreibt das Problem. Wenn Träume dieser Art in den Tag hinein flüstern und als Gesprächsstoff über den Tischen in der Messe kreisen, dann weiß der erfahrene Polarsternfahrer zweierlei: Die Hälfte der Reise ist rum. Und: Die Möhrenzeit ist da. mehr

dreißig Überwältigungsarchitektur                                                 25.3.10

Gut, dass Luxusyachten gemeinhin nicht eistauglich sind. Wären sie es, und ein russischer Neureicher vom Schlage Roman Abramowitschs würde zwischen antarktischen Eisbergfeldern und der Schelfeiskante der Pine Island Bay kreuzen: er würde wahrscheinlich sofort seine güldene Kreditkarte zücken und nach dem Architekten telefonieren lassen. mehr

einunddreißig Es ist vorbei. Es geht weiter.                                   25.4.10

Es ist vorbei. Vor zwei Wochen sind wir gelandet, an einem trüben und kühlen Morgen. Auf einmal lag Punta Arenas an Steuerbord, das Nest am Ende der Welt. mehr

zweiunddreißig  Möhrenzeit. Nachtrag.                                           7.5.10

Ich hatte ja schon erwähnt, dass die Texte dieses Blogs während der Reise auch im Intranet der Polarstern zu lesen waren und für allerlei Reaktionen sorgten. Christina Streit zum Beispiel, Stewardess und seit fast genau 32 Jahren in Diensten der christlichen Seefahrt, mehr