sechsundzwanzig / Kurznachrichten aus dem Reich des Puschels
Samstag, 27.3.2010 13:44 Bordzeit
Wer sich, nach der letzten Meldung zum Thema vielleicht Sorgen um den zotteligen, vom Meersalz verklebten Windfang unserer Kameraausrüstung gemacht hat, den wird das folgende Foto beruhigen. Zumindest in einer Hinsicht.
Der Puschel war, vor längerem schon, in der Waschmaschine (30 Grad, Schonwaschgang) und entstieg ihr duftend, neu geboren und in alter Größe. Nach einem Kurzaufenthalt auf der Wäscheleine, Abteilung Arbeitszeug Mannschaft (s. Abbildung 1), trotzt er den katabatischen Winden und anderen antarktischen Zumutungen trotz seines fortgeschrittenen Alters mit gewohnter Zuverlässigkeit.
„Puschel“ ist, warum auch immer, an Bord mittlerweile derart zum Synonym für unsere Tätigkeit geworden, dass wir, wo wir auch hinkommen, als solcher begrüßt werden. Ach, da kommt ja Puschel. Nun, ganz offen gesprochen gilt die Begrüßung, da ich das Gerät meistenteils vor mir hertrage oder hinter mir her zerre, eigentlich eher mir als uns, aber anyway.
Zum Geburtstag vor einigen Wochen haben die diensthabenden Patissiers Guido K. und Doc Felix M. für mich tatsächlich eine Linzer Puscheltorte fabriziert (s. Abbildung 2), die mein Arbeitswerkzeug nicht nur sachgerecht abgebildet hat. Sie schmeckte auch ganz ausgezeichnet. Wahrscheinlich einer der ersten essbaren Puschel überhaupt.
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Kamerateams auf der ganzen Welt werden es bestätigen: Der Puschel hat eine geradezu magnetische Wirkung auf die unter den Medien leidende Öffentlichkeit. Er wird von Menschen angeknurrt und – Sitz! Platz! Fass! – mit Hundebefehlen belästigt. Zum Spaß, natürlich. Er wird von Hunden angebellt und angegriffen. Ohne jeden Spaß, versteht sich. Der Puschel bringt die Pferde ins Schwitzen und macht die Interviewpartner scheu. Nein, Entschuldigung! Umgekehrt natürlich. Und spätestens hier hört der Spaß dann wirklich auf.
Er wird von Hunden wie von Menschen zum Gegenstand von Anzüglichkeiten aller Art gemacht. Mit welchen Spaß- und Ernstanteilen, das möchte ich lieber gar nicht erst erörtern. Er wird gekrault, gebürstet und gepuschelt. Mag die sublime erotische Komponente, die diesem Tun zugrunde liegt, mit seiner überzeugend behaarten Gestalt, mit der naheliegenden, sprachlich induzierten Assoziationskette Puscheln – Kuscheln oder mit gewissen, nach zwei Monaten auf See menschlich verständlichen Entzugserscheinungen zusammenhängen – ich will es nicht entscheiden.
Ins Grübeln bringt uns allerdings eine Beobachtung, die wir neulich an Deck machten und die, glücklicherweise, wie in Abbildung 3 zu sehen, dokumentiert werden konnte.
Was hat das fremde, schwarzhaarige Puschelwesen zu bedeuten? Geht unser Puschel eigene Wege? Ist ihm ausgerechnet in den eisigen Wüsten Antarcticas ein spätes Glück beschieden? Hatten wir die überaus seltene Gelegenheit, eine/n Flirtpartner/in zu beobachten? Oder sollte das schwarzhaarige Wesen schon die Frucht einer längerdauernden, stabilen Verbindung sein? Aber wer (und wo) wäre dann der dazugehörige Partner? Und wie vermehrt sich ein Puschel überhaupt? Geschlechtlich? Durch Zellteilung? Wenn letzteres, wie ließe sich dann die ungewöhnliche Färbung erklären? Mauser? Frühes Entwicklungsstadium? Pubertät? Hat der Puschel ein Privatleben? Geistert er nachts liebestoll durch die Gänge?
Liebes Publikum, wir ziehn betroffen
den Vorhang zu –
und alle Fragen offen.
Verhaltensforscher, Puschelologen, an die Arbeit! Die DFG-Anträge warten schon.