acht / Mahlzeit.

Nach dem Frühstück, vor dem Abendessen, zwischen Kaffee und Kuchen – Bordzeit.

Mahlzeit! Mahlzeit ist eigentlich immer auf der Polarstern. Halb acht bis halb neun, wie schon erwähnt, nehmen die Forschungsreisenden das Frühstück ein. Um zehn ist Coffeetime. Halb zwölf bis halb eins sitzen wir zu Mittag. Halb vier bis zehn vor vier servieren die Messen Kaffee und Kuchen, und von halb sechs bis halb sieben treffen wir uns wieder zum Abendbrot. Kaum zu glauben, dass die Fahrtteilnehmer die lange Pause zwischen Abendessen und Frühstück überleben. Aber für dringende Fälle gibt es in beiden Messen einen Nachtkühlschrank mit Notrationen.

Die Auswahl ist unfassbar reichlich und frisch. Das Essen: deutsch. Ein ganz kleines bisschen fleischlastig. Die heilige Dreifaltigkeit von Schnitzelkotelettsteak mit Variationen von Rosenkohlblumenkohlpaprikaschote nebst Salzkartoffelnnudelnreispommes dominiert den Speisenplan. Davor Suppe, danach: Nachtisch.

Hungern muss niemand an Bord.

Und eins geht immer: Warm essen. Zum Frühstück können wir uns Rühreier mit Speck, Zwiebeln und Pilzen machen lassen. Als kleines Leckerli bieten Tina und Peggy manchmal Leberwurstschnitte mit Tomaten an, ein Spiegelei kommt obendrauf. Zum Frühstück. Oder, neulich, auch morgens: Hanseatentoast. Räucherlachs auf einem Salatbett, darunter Toast, obendrauf noch ein paar Eischeiben, die mit Seehasenrogen verziert waren. Abends gibt es neben den kalten Platten mit Wurst und Käse verschiedene Fischsalate, dazu Gemüse und Quark, und in jedem Fall immer noch ein warmes Gericht: Nudelauflauf oder Thüringer Rostbrätel oder…

Voilá, das Menü eines Tages. Eines Tages. Nicht einer Woche:

Frühstück
Milch, Juice, Müsli, Quark, Corn Flakes,
Eier nach Wahl mit Speck, Zwiebeln, Pilzen,
Pfannkuchen mit Früchten,
Bratwurst oder Griessbrei

Milk, Juice, Cereals, Curds, Corn Flakes,
Eggs-Your Choice with Bacon, Onions, Mushrooms,
Pancake with Fruit,
Fried Sausage or Semolina

Mittag/Lunch
Berliner Kartoffelsuppe,
Rinderroastbraten, Rosenkohl,
Kartoffeln oder Reis,
Obst

Vegetarisches Gericht: Indisches Sojaragout mit Nudeln

Potato Soup „berlin style“,
Roast Beef, Brussels Sprouts,
Potatoes or Rice,
Fruit

Vegetarian Dish: Indian Soya Ragout with Noodles

Kaffee/Teabreak
Kaffee & Kuchen
Coffee & Cake

Abendessen/Dinner
Thüringer Rostbrätel, Zwiebeln, Kartoffelspalten,
Kalte Platte

Roast Joint „thuringian style“,
Onions Potato Wedges,
Cold Buffet

Die Portionen sind nach dem Tagesbedarf eines deutschen Industriearbeiters aus den frühen fünfziger Jahren kalorifiziert, der gerade aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrt ist. Nahrung für körperlich schwer arbeitende Menschen. Wie es die Matrosen sind. Wer seine Arbeitszeit an Bord hinter Rechnern oder in Laboren verbringt, der bekommt ein Problem. Gerüchte wissen von Mitfahrern, die nach einer Mastfahrt ins Eis nicht nur Erfahrung, sondern auch zwei Konfektionsgrößen gewonnen hatten.

Die Gegenmaßnahmen sind, nun ja, halbherzig. Auf manchen Fahrten gibt es einen Wiegeclub. Wer zulegt, zahlt in eine Kasse. Der Erlös am Ende der Fahrt wird dann wohltätigen Zwecken gespendet. Und die Kasse bleibt nie leer …

Um das ohne Schaden an Körperbild und seelischer Ausgeglichenheit zu überleben,  braucht man eiserne Disziplin. Oder eine feine kleine, zwei Monate andauernde Seekrankheit. Vor allem, da die Stewardessen sehr genau auf gesunde Ernährung achten. Wollte ich mich doch vorgestern Abend an der Essensausgabe vorbei in Richtung Salatbuffet schleichen. Doch schon hatte Tina mich am Wickel: Na, Kai, willste dich drücken? Guck mal hier, so schöne Frikadellen von heute Mittag …

Oh, ich muss aufhören. Das Abendessen ruft. Von den Nutellaschlachten ein anderes Mal.